Else Simon

Eine Rezension von Sovereign Syndicate

ein Spiel, mit dem ich die Genialität von Disco Elysium besser verstanden habe, aber fast vor Langeweile gestorben wäre

Sovereign Syndicate ist ein Werk, das aus großem Ehrgeiz geboren wurde... und einem Missverständnis der Regeln des RPG-Genres. Das Ergebnis ist ein brutal lineares De-facto-Abenteuer mit einer Spur von Gameplay-Mechanik. Es wäre besser gewesen, wenn diese Geschichte als Buch veröffentlicht worden wäre.

Ihr wisst gar nicht, wie nahe ich daran war, Sovereign Syndicate überhaupt nicht zu rezensieren. Als Fan von Disco Elysium habe ich dieses Spiel mit großem Enthusiasmus in Angriff genommen ... und ihn innerhalb weniger Minuten verloren. Ein paar Stunden später wollte ich die Kreation zum Teufel jagen. Der Entwickler hat mich mehr als die Hälfte des Spiels an der Nase herumgeführt, mich durch Dialoge mit illusorischen Auswahlmöglichkeiten klicken lassen und so getan, als gäbe es eine Handlung hinter dem langweiligen Herumlaufen und Besorgen. Ich bin zu alt für Spiele, die meine Zeit auf diese Weise verschwenden.

Trotzdem habe ich die Zähne zusammengebissen und mich bis zum Finale durchgekämpft. Vielleicht habe ich es sogar bis zum Ende geschafft - in den letzten Kapiteln, als die Geschichte an Fahrt gewann, war ich sogar neugierig, wie es weitergehen würde (leider kann ich nicht sagen, dass meine Neugierde gebührend belohnt wurde).

Und als ich den Abspann sah und erleichtert aufatmete, gab ich mich dem Nachdenken hin. Nein, nicht über Sovereign Syndicate. Ich dachte über Disco Elysium nach - das Spiel, von dem das Studio Crimson Herring so eindeutig inspiriert wurde. Ich habe darüber nachgedacht, was das eine brillant und das andere... nun, lassen Sie es mich milde ausdrücken: nicht brillant macht.

Der erste, eher triviale Hinweis darauf, dass die Arbeit des ZA/UM-Studios die Inspirationsquelle war, ist die vertikale Dialogbox auf der rechten Seite des Bildschirms. Aber das ist natürlich nur der Anfang der Liste. Wir haben auch ein Attributsystem, auch bekannt als Fähigkeiten, die auch als Stimmen im Kopf des Charakters fungieren - was wir nicht haben, sind die Kampfmechaniken. Der Verlauf von Handlungsszenen wird, wenn überhaupt, nur durch die Durchführung von RPG-typischen Fähigkeitstests beeinflusst (ich hätte "würfeln" geschrieben, aber hier tauchen stattdessen Tarotkarten auf - nur ein kosmetischer Unterschied).

Bis zu einem gewissen Grad kann die Realität, in der Sovereign Syndicate angesiedelt ist, auch mit Disco Elysium in Verbindung gebracht werden. Das viktorianische London in einem Steampunk-Setting, wie die Stadt Revachol, ist ein Ort, an dem überraschend fortschrittliche, etwas exotische Technologie mit bodenständigen menschlichen Dramen, geistiger "Rückständigkeit" und Straßenschmutz kollidiert.

Interessanterweise hat das Studio Crimson Herring jedoch eine Welt geschaffen, die unserer Realität sehr nahe kommt. Obwohl hier Menschen, Zwerge, Minotauren, Zyklopen, Zentauren oder Werwölfe (und Roboter) koexistieren, stimmen die historischen Ereignisse mit denen überein, die wir aus den Lehrbüchern kennen (z. B. fanden die Eroberungen Napoleons statt). Auch die sozialen Probleme der damaligen Zeit sind authentisch, angeführt von der industriellen Revolution und der Ausbeutung der Ärmsten (Kinder nicht ausgenommen).

Ich möchte gleich zu Beginn betonen, dass es sich um ein interessantes Universum handelt. Es hat mich interessiert, dieses London des 19. Jahrhunderts in einem verzerrten Spiegel zu entdecken, der facettenreich dargestellt wird, und dabei seine Bewohner kennenzulernen - es gibt keinen Mangel an faszinierenden Phänomenen und bunten Persönlichkeiten, einschließlich der vier spielbaren Charaktere. Ich möchte nicht, dass Sie denken, dass Sovereign Syndicate in irgendeiner Hinsicht eine schlechte Produktion ist, bevor ich den Amboss der Kritik auf sie loslasse.

Das Problem mit diesem Spiel ist in erster Linie, dass... es kein Spiel sein sollte. Es hätte besser als Buch funktioniert. Die Entwickler können gut mit Worten umgehen, was sich in gut geschriebenen Dialogen und Beschreibungen niederschlägt (seien Sie gewarnt: Es gibt eine Menge Text zu verarbeiten, und es gibt keine nicht-englischen Sprachversionen). Dies nützt jedoch wenig, wenn das Ganze durch eine uninteressante und künstlich lange Haupthandlung gefesselt wird, an der der Spieler nur symbolisch beteiligt ist.

Eine Handlung auf Schienen

Damit sind wir beim übergreifenden Problem, nämlich dem Aufbau von Sovereign Syndicate. Das Abenteuer ist in 18 Kapitel unterteilt - eine Zahl, die grandios erscheinen mag, aber man kann sie sich wie Kapitel eines Romans vorstellen. In jedem Kapitel treiben wir die Handlung in der Rolle eines bestimmten Charakters ein wenig voran, um dann für eine Weile in die Rolle eines anderen zu schlüpfen - und so weiter, der Reihe nach. Kurz vor dem Finale gibt es sogar kurze, einzelne "Szenen", die wir durchspielen.

Die Geschichte entfaltet sich also völlig linear, so dass das Schicksal die Charaktere zu Top-Down-Orten führt und die Entscheidungen, die dem Spieler gestellt werden, im Grunde eine Farce sind. Man kann eine Geschicklichkeitsprüfung durchführen, um einen Gesprächspartner von seiner Sache zu überzeugen, oder sich von einem Unterdrücker losreißen - aber das Endergebnis ist immer das gleiche. Das habe ich herausgefunden, indem ich das Spiel immer wieder neu geladen und ausgewählte Sequenzen (teilweise mehrmals) durchgespielt habe.

Besonders amüsant fand ich eine bestimmte Situation in einem der Kapitel mit dem zwergischen Protagonisten. Im Rahmen der Haupthandlung wurde mir angeboten, einen experimentellen Kern in meinem Roboter zu testen - natürlich lässt die Handlung keine Möglichkeit zu, dies abzulehnen -, aber ich sollte eine Pfandgebühr von 10 £ für diesen Schatz bezahlen. Eine klassische RPG-Masche? Hier nicht. Ich habe geantwortet, dass ich nicht so viel Geld habe, also hat mir mein Gesprächspartner... einfach den Kern gegeben.